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Einschwingen, die Aufgabe der äusseren Haarzellen

Es wird gesagt, die Flimmerhärchen der äusseren Haarzellen würden die Schallwellen optimal auf die Flimmerhärchen der inneren Haarzellen lenken. Um diese Lenkung zu steuern sind die inneren Haarzellen mit den äusseren Haarzellen  neuronal verbunden. Etliche Professoren und Ohrenärzte können dieses "Zusammenspiel" rezitieren. Den Vorgang "beobachtet" hat ganz sicher keiner von ihnen.

Entstehung der Einschwing These

Wieso hört man tiefe Frequenzen noch gut und ist für hohe Frequenzen bereits taub? Heute weiss man, dass jede Frequenz im Innenohr ihre eigene Empfangsstelle hat. Um die Funktionsweise des Gehörs zu verstehen hat man Versuchstieren mit überlautem Schall das Hörvermögen gezielt für verschiedene Töne zerstört. Anschliessend das Innenohr herausoperiert und die aufgeschnittene Cochlea unter dem Mikroskop auf Schadstellen untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass diese Schadstellen für tiefe Frequenzen ganz innen, je höher die Frequenz, desto weiter aussen entstanden waren. Mit Menschen wären solche Experimente natürlich nicht erlaubt gewesen. Aber die Ergebnisse von den Tierversuchen auf das menschliche Gehör hochzurechnen war möglich. Auch die Cochleas von verstorbenen Guthörenden mit den Cochleas von verstorbenen Schwerhörigen zu vergleichen war möglich. Dabei wurde wohl das Phänomen entdeckt, dass bei vielen Schwerhörigen der Zustand von Haarzellen für den Empfang von mittleren Frequenzen eigentlich keine Schwerhörigkeit hätte erwarten lassen. Der eklatante Unterschied zu den Guthörenden waren ruinierte äussere Haarzellen. Also hat man angenommen, die Flimmerhärchen der äusseren Haarzellen würden die Schallwellen optimal auf die Flimmerhärchen der inneren Haarzellen lenken. Die Entdeckung von neuronalen Verbindungen zwischen inneren und äusseren Haarzellen hat dann diese Annahme sogar bestätigt.

Schall lässt sich schon lenken. Mit harten, glatten Oberflächen. Zum Beispiel ein Echo an einer Felswand in den Bergen. Die Cochlea besteht nach den Zähnen aus dem härtesten Material im menschlichen Körper. Mit einem weichen Teppich von Flimmerhärchen lässt sich der Schall nicht lenken, nur dämpfen. Und genau das tun abgebrochene Flimmerhärchen. Es entsteht ein Nebel aus Trümmern der Schallstrahlen dämpft und zerstreut. Die Schallstrahlen kommen nicht mehr klar gebündelt, sondern leicht zerstreut auf die Empfangsstellen, so dass Sprache immer verschwommener ankommt und immer mehr geraten werden muss, was gesagt wurde. So beginnt Schwerhörigkeit. 

Aber es gibt noch einen viel wichtigeren Grund wieso das angenommenen Einschwingen niemals funktionieren kann.

Wellenlänge, Wanderwelle, stehende Wellen

Es gibt einen Empfangsbereich im Innenohr welcher nicht nur von den zugehörigen Frequenzen, sondern zusätzlich auch von allen Frequenzen beschallt wird. Wird diese Stelle durch andauernd grosse Lautstärken oder durch einen lauten Knall beschädigt wird die entstandene Hörminderung C5 Senke genannt. Wieso alle Frequenzen diese Stelle belasten wird mit einer Wanderwelle erklärt. Wieso jede Frequenz ihre eigene Empfangsstelle hat wird mit stehenden Wellen (Resonanzen) erklärt. Bevor man sich gross anstrengt zu versuchen Vorgänge zu verstehen die man nicht verstehen kann, überlegt man sich besser wie gross diese Wellenlängen eigentlich sind. Dafür gibt es eine einfache Formel:

Frequenz x Wellenlänge = Schallgeschwindigkeit           In Luft beträgt die Schallgeschwindigkeit 340 Meter pro Sekunde.

Frequenzen und zugehörige Wellenlängen im Hörbereich des Menschen:
Frequenz 20 Hertz / Wellenlänge 17 Meter
Frequenz 2'000 Hertz / Wellenlänge 17 Zentimeter
Frequenz 8'000 Hertz / Wellenlänge 4,25 Zentimeter
Frequenz 20'000 Hertz / Wellenlänge 17 Millimeter
Frequenz 40'000 Hertz / Wellenlänge 8,5 Millimeter

In Flüssigkeiten und festen Stoffen ist die Schallgeschwindigkeit grösser als in Luft. Folglich ist die Wellenlänge auch in der Cochlea grösser als in Luft. Die Cochlea ist erbsengross. Die Wellenlängen des menschlichen Hörbereichs haben darin niemals Platz. Die Cochlea als eine Art umgekehrtes Musikinstrument nachzubauen, welches Resonanzen empfängt, wird selbst in einem überdimensionierten Modell praktisch unlösbar. Die Empfangsstellen für die tiefen Töne liegen noch weit entfernt auseinander, die hohen Töne müssen mit zunehmender Frequenz immer dichter zusammengedrängt werden. Wie die Flimmerhärchen der äusseren Haarzellen gleichzeitig verschiedene Frequenzen mit viel zu grossen Wellenlängen in der Cochlea optimal auf immer enger werdende Empfangsstellen lenken sollen ist ein physikalisch unerklärliches Wunder.

Der Regenbogen im Ohr

Mit Prismen kann man Licht in die Spektralfarben des Regenbogens zerlegen. Mit Prismen, Photozellen und einigen Umlenkungen (Spiegelungen) könnte man ein schneckenförmiges optisches Instrument bauen, das die Funktionsweise der Cochlea simuliert. Zu vorderst würde das am stärksten gebrochene kurzwellige Ultraviolett auf die Photozellen der "Basilarmembran" auftreffen. Ganz weit hinten (zu  innerst) das langwellige Infrarot. Mit "Jede Frequenz hat im Innenohr ihre eigene Empfangsstelle" wurde die Aufbrechung des Schalls entdeckt. Lichtwellen und Schallwellen haben viele Gemeinsamkeiten und nur einen entscheidenden Unterschied. Schall benötigt im Gegensatz zu Licht immer ein Übertragungsmedium. Ohne Übertragungsmedium gibt es keinen Schall. In der Wellenlehre interessieren nicht die Unterschiede, sondern die Gemeinsamkeiten. Sie beginnen zum Beispiel mit der Wellenlänge. Die Formeln für die Berechnung der Wellenlängen für Schall und Licht sind identisch:     

Frequenz x Wellenlänge = Schallgeschwindigkeit
Frequenz x Wellenlänge = Lichtgeschwindigkeit
Die Wellenlänge für Infrarot beträgt 780 Nanometer
Die Wellenlänge für Ultraviolett beträgt 380 Nanometer

Ein Regenbogen entsteht, wenn die Sonne durch den Regen scheint. Licht durchdringt Luft, Wasser, Luft. Im Innenohr haben wir etwas ganz Ähnliches. Schall durchdringt in der Cochlea drei Zonen mit unterschiedlicher Flüssigkeit. Perilymphe, Endolymphe, Perilymphe. Die unterschiedlichen Wellenlängen werden in einzelne Tonstrahlen aufgebrochen. In freier Umgebung werden sich diese Tonstrahlen wegen Druckausgleichen sehr rasch wieder zu einem Ganzen vereinen. Die Cochlea ist in Relation zu den Wellenlängen jedoch winzig klein und umfasst nur den Startbereich dieser Brechung. Das aufgetrennte Spektrum ist auch wesentlich grösser als beim Regenbogen. Beim Regenbogen haben wir ein Wellenlängenverhältnis von Infrarot zu Ultraviolett von 2:1. Das Wellenlängenverhältnis von Infraschall zu Ultraschall ist 2000:1. Damit werden bekannte Phänomene viel einfacher erklärbar.

Einschwingen und abgebrochene Flimmerhärchen:
Solange die Flimmerhärchen intakt sind, werden sie nur von "ihrem" Tonstrahl bewegt. Da entsteht keine Bewegung durch andere Frequenzen. Abgebrochene Flimmerhärchen hingegen werden aufgewirbelt und tendenziell nach innen geschoben. Sie behindern die Tonstrahlen der tieferen Frequenzen. Sie können als Geschosse sogar weitere Flimmerhärchen beschädigen. Intakte Flimmerhärchen der äusseren Haarzellen verbessern nicht das Hörvermögen durch Lenkung, aber abgebrochene Flimmerhärchen der äusseren Haarzellen verschlechtern das Hörvermögen für die weiter innen liegenden Empfangsstellen der tieferen Frequenzen.

C5 Senke durch Überlast:
Auf einer glatten Wasseroberfläche sehen wir ein Spiegelbild des Ufers. Unter der Wasseroberfläche ist es deswegen nicht dunkel. Ein Teil des Lichts wird reflektiert, ein Teil durchdringt die Wasseroberfläche. Nun, ein Teil des Schalls wird aufgebrochen, ein anderer Teil des Schalls erreicht durch Reflektion den Bereich an dem bei Überlast die C5 Senke entsteht. In diesem Bereich werden Testtöne besonders gut gehört. Der Schall erreicht diesen Bereich sowohl mit dem abgelenkten Tonstrahl, als auch mit dem reflektierten Anteil. Das bessere Hören in diesem Bereich wird für Mediziner mit einem "Resonanzbereich" des Gehörs erklärt.

C5 Senke nach Schädeltrauma:
Wieso werden bei einem Schädeltrauma die Flimmerhärchen im Bereich der C5 Senke beschädigt? Eigentlich unerklärlich. Lassen wir hingegen unser angenommenes schneckenförmiges optisches Instrument versehentlich auf den Boden fallen, dann erstaunt es nicht, dass ein Schaden entsteht. Ist die Optik verstellt, dann treffen die Tonstrahlen nicht mehr die gleichen Empfangsstellen wie vor dem Unfall. Es entsteht ein anderes Hörempfinden und einige Bereiche werden eventuell nur noch schlecht ausgeleuchtet. Dieser Bereich wird dann C5 Senke genannt. Könnte zufällig, aber wirklich nur zufällig, den Bereich betreffen der auch bei Überlast beschädigt wird.

Die neuronale Verbindung der Haarzellen

Mit dem Aufbrechen des Schalls nach dem Regenbogenprinzip bekommt die neuronale Verbindung von inneren und äusseren Haarzellen eine ganz andere Bedeutung. Um in der freien Natur zu überleben ist räumliches Hören sehr wichtig. Wer sehr schnell Distanz und Richtung eines Geräusches erkennt hat grössere Chancen Gefahren rechtzeitig zu erkennen und zu überleben. Dies ist die angeborene Aufgabe des Gehörs und das funktioniert instinktiv. Aber es funktioniert nicht ohne die äusseren Haarzellen. Zerstören Schreckgeräte die äusseren Haarzellen, dann zerstören sie unser räumliches Hören.

Die Natur fördert was nötig und nützlich ist. Wäre die primäre Aufgabe des menschliche Gehörs das Verstehen von Sprache gewesen, wäre der Hörbereich viel bescheidener ausgefallen. Sprache hat einen Frequenzbereich von 80 Hz bis etwa 12'000 Hz. Das Gesprochene zu verstehen und das Gegenüber gleich auch noch anhand der Stimme zu erkennen, dafür würde weit weniger genügen. Wir wissen mit wem wir telefonieren und wir verstehen gut was gesagt wird. Für Telefonie wurde der Codec G.711 entwickelt. Telefonate haben einen reduzierten Frequenzbereich von 300 Hz bis 3'400 Hz. Was für Telefongespräche reicht, wäre für mehrere gleichzeitige Gespräche an einem grossen Tisch völlig ungenügend. Aus dem Wortgemisch das "Richtige" herauszuhören ginge nicht. Mit gesundem Gehör funktioniert es automatisch. Mit gesundem Gehör können wir auswählen wem wir zuhören und antworten möchten. Wir drehen den Kopf automatisch in die richtige Richtung. Kein Hörgerät kann diesen Service bieten. Modernste Hörgeräte bevorzugen wenigstens die frontale Richtung und dämpfen Nebengeräusche. Sie ermöglichen es so den Trägern zumindest das Gegenüber zu verstehen. Mit älteren Hörgeräten wurde restlos alles lauter gemacht. Aus dem lauter gemachten Wortmix das "Richtige" heraushören war nicht möglich.

Spielen ein Klavier und eine Trompete einen 1 kHz Ton, dann spielen sie zwar die gleiche Grundschwingung, aber diese wird von unterschiedlichen Oberwellen begleitet. Es sind diese Oberwellen, die den Klang eines Instrumentes ausmachen. Zusätzlich erkennen wir dank dieser Oberwellen auch mit verschlossenen Augen an welchem Standort sich ein Instrument befindet. Die neuronale Verbindung von inneren und äusseren Haarzellen erlaubt Phasenverschiebungen zwischen Grundschwingungen und Harmonischen zu erkennen und damit die Richtung von Schallquellen zu bestimmen. Die korrekte Anwendung kennt man schon als Kleinkind. Je höher die Frequenzen von Grundschwingung und Oberwellen sind und je mehr Oberwellen empfangen werden, desto einfacher wird die Bestimmung des Standortes. Wegen den leicht abgewinkelten Ohrmuscheln entsteht für unterschiedliche Frequenzen, je nachdem ob ein Instrument vor oder hinter uns steht, auch eine unterschiedliche Phasenverschiebungen zwischen den Frequenzen. Diese unterschiedlichen Phasenverschiebungen werden zum Beispiel bei Kunstkopf Aufnahmen durch Mikrophone festgehalten. Beim Abhören der Aufnahme über einen Stereokopfhörer entsteht dann für den Zuhörer wieder der Eindruck von räumlichen Hören. Das Erkennen der unterschiedlichen Phasenverschiebungen funktioniert nur wegen den neuronalen Verknüpfung von inneren und äusseren Haarzellen. Es ist sehr lange her, aber in den Anfangszeiten des Fernsehens flackerte bis in den Nachmittag hinein ein Testbild auf dem Bildschirm und dazu war ein 1 kHz Prüfton (Sinus) zu hören. Keine Oberwellen! Um in einem Fernsehgeschäft aus einer Wand von laufenden TV Geräten ein Gerät zu bestimmen das den Lautsprecher nicht auf stumm geschaltet hatte, musste man beim Testton das Ohr vor jeden einzelnen Lautsprecher halten um das "schuldige" Gerät zu entdecken. Sobald hingegen ein Testbild von einem Radioprogramm begleitet wurde, war sofort klar beim welchem Gerät man nach einer Vorführung vergessen hatte den Ton wieder auf Stumm zu schalten.

 


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